Von Nicole Höfle
Die Kameradschaft ist es, die Erich Kurz bis heute bei der Feuerwehr hält. „So einen Zusammenhalt gibt es bei keinem anderen Verein. Wenn wir eine Veranstaltung machen, dann sind alle da. Das ist wie ein Befehl." Sagt es und nimmt einen morgendlichen Schluck von seinem Weizen. Erich Kurz gehört seit 50 Jahren der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim an, er hat etwa 2000 Einsätze mitgemacht, 25 Feuerwehrhocketse organisiert, vor zehn Jahren die Alterswehr gegründet und dafür vor ein paar Tagen die silberne Ehrenmünze der Stadt bekommen.
Der Schlossermeister sitzt am Stammtisch im oberen Stock des Feuerwehrgerätehauses Untertürkheim und blickt auf die säuberlich aufgereihten Holzstühle in dem Unterrichts- und Festlesraum der Unter-türkheimer Wehr - für Erich Kurz das richtige Ambiente, um sich an die zurückliegenden 50 Jahre als Feuerwehrmann zu erinnern. Wie er dazugekommen ist? Ganz einfach: der damalige Zugführer und Fahnenträger Müller hat mehrfach bei Erich Kurzens Eltern vorgesprochen, bis der Vater entschied: Der Junge soll zur Wehr.
Wie die Feuerwehrkarriere von Erich Kurz aussah? Angefangen hat er wie alle als Feuerwehranwärter, nach einem Jahr ist er einfacher Feuerwehrmann geworden, dann Gruppenführer („das sind die mit Befehlsgewalt über ein Fahrzeug"), schließlich Zugführer, bis er Anfang der 70er Jahre zum Vizekommandanten aufrückte. Dieser Position hatte es Kurz zu verdanken, dass er bei den Hocketse der Untertürkheimer Feuerwehr lange weder Würste braten noch Getränke ausschenken musste, sondern mit den prominenten Gästen plaudern durfte. „Kundentrinken", wie Kurz das nennt: „Ich musste nur den Überblick bewahren." Seit er nicht mehr Vize ist, schenkt der Schlossermeister bei den alljährlichen Feiern Bier aus. Oberste Pflicht des nicht mehr aktiven Feuerwehrmanns ist es, dabei zu sein.
Erich Kurz ist seit 50 Jahren bei der Unter-
türkheimer Feuerwehr. Foto Heinz Heiss
Erich Kurz hat schon mit 60 Jahren beschlossen, sein Dasein als aktiver Feuerwehrmann zu beenden. Die Begründung ist schlicht: „Ich hab gemerkt, dass ich keine 20 mehr bin und mit den Jungen nicht mehr mithalten kann. So lange warten, bis die mich auslachen, wollte ich nicht." Kurz nimmt einen Schluck aus seinem Weizenbierglas und schwärmt von den monatlichen Treffen der Alterswehr, der fünf Jahre lang nur er selbst angehörte, inzwischen gehören 15 Kameraden dazu. „Wir organisieren Jahresausflüge, besuchen andere Wehren, gehen auch zu Beerdigungen", erzählt der 69-jährige. Kameradschaft gibt es auch da.
In trauter Seniorenrunde lässt es sich auch besser schwärmen von den Anfangsjahren, als die Männer noch mit hohen Stiefeln ausrückten, die keinem passten. „Die erste Uniform stammte aus Vorkriegszeiten, die Stiefel waren so weit, dass sie an den Knien abstanden." Dafür war die Stimmung unter den Feuerwehrmännern gut: Einmal haben die dienstbeflissenen Jungs im Stall eines Kameraden einen Bock mit Streifen bemalt. Ein andermal haben sie die Pflanzen einer Gärtnerei auf der Straße verteilt. Erich Kurz wird redselig, wenn es um die ersten Jahre bei der Untertürkheimer Wehr geht.
Bis heute bekommt der 69-Jährige jeden Einsatz mit. Er wohnt nur ein paar Meter vom Feuerwehrgerätehaus entfernt und kann am Motorengeräusch erkennen, welches Fahrzeug gerade mal wieder ausrückt, die Drehleiter DL 23-12 oder doch das Löschgruppenfahrzeug LF 8/6. Spektakuläre Einsätze hat es auch zu seiner Zeit gegeben: der Brand der Textilfirma Rohtex im Mai 1956 zum Beispiel („als wir ankamen, hat man das Feuer vor lauter Qualm nicht mehr gesehen"), das Feuer in der Cannstatter Zuckerfabrik („das war eine schwierige Sache") oder das Jahrhunderthochwasser Ende der 70er Jahre („wir waren zwei Tage lang unterwegs, um Keller auszupumpen"). Und dann gab es da noch den Brand der Plastiktüte irgendwo am Neckarufer, irgendwann in den 90ern: 24 Mann waren ausgerückt mit großem Tamtam, vorgefunden haben sie die Tüte.
Und was sagt die Ehefrau? Die unterstützt den Feuerwehrmann seit 50 Jahren. „Sie war es schon vom Vater gewohnt", sagt Erich Kurz.