Das "Tausendjährige Reich" endet auch in Stuttgart in Trümmern, in Not und Verzweiflung. Immerhin können sich nazi-kritische Bürger durchsetzen gegen die Hitlertreuen, die nicht wahrhaben wollen, dass der Krieg längst verloren ist. Die Stadt wird kampflos übergeben.
25. März: Beim 51. Luftangriff gibt es in Stammheim und Zuffenhausen drei Tote.
27. März: NS-Gauleiter Murr gibt den letzten geheimen Führererlass bekannt: Unter dem Stichwort Cäsar soll die Evakuierung der Zivilbevölkerung vorbereitet werden. Unter dem Stichwort Nero soll die Räumung der Stadt erfolgen. Für die Räumung und Zerstörung der Betriebe erfindet Murr das Stichwort Schwabentreue.
1. April: Führende Männer der Industrie, Alfred Knörzer von Bosch sowie Otto Fahr von Werner & Pfleiderer, treffen sich mit OB Strölin, um zu beraten, wie der Nero-Plan verhindert werden kann.
52. Luftangriff: zwei Tote, 16 Verletzte in Weilimdorf
4. April: OB Strölin, Oberst von Scholley und NS-Kreisleiter Fischer fordern Gauleiter Murr auf, Stuttgart zur "offenen Stadt" zu erklären, weil ihnen die Verteidigung als "militärisch undurchführbar und sinnlos" erscheint. Gauleiter Murr lehnt ab.
8. April: Der Anwalt Arnulf Klett nimmt als Sprecher eines Widerstandskreises Kontakt auf zu Strölin, um weitere Zerstörungen zu verhindern.
10. April: Gauleiter Murr fordert in einem Aufruf "verbissensten Widerstand" und "Kampf bis aufs Messer den Feinden unseres Volkes". OB Strölin jedoch lässt den herannahenden französischen Truppen durch einen Mittelsmann erklären, dass er und die Bürger zur Übergabe der Stadt bereit sind.
13. April: Else Josenhans, Mitglied einer bekannten jüdische Familie, wird im Gestapokeller erhängt.
19. April: 53. und letzter Luftangriff auf Stuttgart mit einem Toten, sieben Verletzten.
20. April: Französische Panzer erreichen die Stadt und besetzen gegen Abend Plieningen. Die Bürger leisten keinen Widerstand.
21. April: Deutsche Soldaten sprengen die meisten Neckarbrücken. Der kommunistische Widerständler Eugen Schlotterbeck wird von der SS erschossen. Die französischen Truppen rollen über die Neue Weinsteige in die Innenstadt.
22. April: Im Gasthof Zum Ritter am Albplatz in Degerloch übergibt OB Strölin die Stadt an den französischen General Schwartz. US-Truppen rücken vom Remstal her in Bad Cannstatt ein.
23. April: OB Strölin wird abgesetzt und darf einen Nachfolger benennen: Um 14 Uhr wird der Anwalt Arnulf Klett vorgeschlagen und um 17 Uhr von den Franzosen bestätigt.
In der Ruinenstadt leben 266 000 Menschen. 4500 Bürger sind bei Fliegerangriffen umgekommen, mehr als 15 000 im Krieg gefallen oder in Gefangenschaft gestorben.
1486 Personen haben ihr Leben als Widerständler verloren.
Mehr als tausend jüdische Bürger wurden deportiert, in den KZs ermordet oder in den Selbstmord getrieben.
24. April: OB Strölin wird von der US-Armee verhaftet und für drei Jahre im Gefängnis von Kitzingen inhaftiert.
26. April: Der neue OB Arnulf Klett beruft Männer seines Vertrauens in die erste Notverwaltung und sagt: "Die Bürger müssen spüren, dass hier Männer am Werk sind, die mit all ihren Kräften bestrebt sind, wieder geordnete Verhältnisse herbeizuführen." tom