01.10.2008
Untertürkheimer Zeitung
:
Rüdiger Schestags künstlerische Fotoarbeiten im Marktcafé Maxima
-
Noch bis zum 5. November zu sehen
Von Iris Frey
Er bringt Frauen
im Evakostüm zum Fliegen, verleiht ihnen Flügel und setzt
sie vor einen dramatischen Gewitter- himmel, der mehrfach überschichtet
ist. „Angel 01“ nennt Fotokünstler Rüdiger Schestag
das Kunstwerk aus der Serie der Engel, das derzeit neben vielen anderen
im Marktcafé Maxima zu sehen ist.
Die Engel wirken auf den ersten
Blick voller Harmonie, romantisch oder auch erotisch. Doch auf den
zweiten Blick sind auch andere Stilmittel zu finden: Ironie beim Engel
mit I-Pott oder wie in „Angel 01“ Strenge im Gesichtsausdruck
der jungen Frau. Inhaltliche Spannungsfelder werden so geschaffen.
Die
Fotomontage-Technik, die Schestag anwendet, ist nicht seine Erfindung,
wohl aber die Motive. Die Technik entspricht dem Trend der Zeit in
der Fotokunst. Dort werden neue Welten geschaffen. „Die Fotografie
wird zum Zeichenstab“,
sagt Schestag. In vielen Stunden hat er tausende von eigenen Fotos
zusammen montiert und daraus diese neuen ureigenen phantastischen Welten
geschaffen.
Unter dem Motto „ReVision“ gibt Schestag dem
Betrachter die Möglichkeit, zurückzublicken, sich die Bilder
nochmals zu vergegenwärtigen,
aber auch in andere Zeiten zu schauen, vergangene Epochen. Da wäre
zum einen die Renaissance. Die Frauen, die Schestag hier zeigt, haben
einen entrückten Gesichtsausdruck. Der Fotokünstler musste
richtig daran arbeiten, dass die Modells diese Ruhe ausstrahlten, die
fast keine Rührung zeigt. Ihm ist es gelungen, renaissanceartige
Fotogemälde zu schaffen.
Etwa im „Portrait of Johanna“. „Das
Kleid auf dem Bild existiert tatsächlich“, sagt Schestag.
Der Hintergrund zu der Frau, die rubensgleich die Hände gefaltet
hat und blass und entrückt dasteht, bildet eine Landschaft in
Frankreich, die Schestag einmal als Schwarzweißbild mit seiner
Mittelformatkamera fotografiert hat. Das ganze Werk ist wie andere
auch im Pigment-Druck auf Alu-Dibond gefertigt, eine besonders haltbare
Fotokunst, die zugleich auch keinen Rahmen erfordert.
Ein anderer Werksbereich
deckt die Modekunst ab. Hier hat Schestag die Models in die siebziger
Jahre gestellt in Stil und Farben. Hier lauten dann die Bilder „my
girl“ und „pictures
of Lili“.
Andere ausgestellte Bilder wie „Rannva“ sind
in der Hermitage in St. Petersburg entstanden. Schestag hat dort in
der Staatlichen Gesellschaft für Fotografie diese und noch mehr
Bilder kürzlich gezeigt. Er reist gerne nach Russland, unterrichtet
dort und hatte auch dort schon viele Ausstellungen.
Manche seiner Rückblicke
auf vergangene Epochen hat er mit fotografierten und montierten echten
Rissen auf Ölgemälden versehen. „Es muss alles echt
sein“,
sagt Schestag. Echt fotografiert und dann neu komponiert. Denn eins
will der Kunstlehrer, der Fotografie unterrichtet, seinen Schülern
mit den Werken auch zeigen: „Was man auf dem Foto sieht, ist
nicht die Realität“. So hat Schestag kunstvolle Foto-Illusionen
geschaffen.
Eine D 300-Kamera mit 12 Megapixel half dabei, eine Hasselblatt
und ein analoger Foto im Mittelformat. Dazu ein leistungsstarker Computer
und viel Phantasie beim schichtweisen und filigranen Montieren der
vielen Fotobilder. Schestag ist 1964 in Kirchheim unter Teck geboren.
Er hat an der Akademie für Photographie seine Ausbildung zum Photographen
absolviert und ist seit 1999 freischaffend.
Der Untertürkheimer
Künstler ist Dozent an der Merz-Akademie. Seit 2001 hat er einen
Lehrauftrag am „Internationalen Moskauer Slawischen Institut
in Petrozavodsk (Russland) im Fach Fotodesign. Schestag blickt auf
verschiedene Auslandstätigkeiten in Tokio, San Franzisco, Algerien
und auch Südafrika.
Seine Schwerpunkte sind Portraits, Künstler, Plattencover, Werbung,
Theater, Jazz neben Modenschauen und digitaler und analoger Fotografie
und Kunstprojekten.
Die Ausstellung im Marktcafé Maxima auf
dem Storchenmarkt ist noch bis 5. November zu sehen. Infos: www.ruediger-schestag.de.
Fotos: Enslin