Weine aus Baden-Württemberg deklassieren
Modegetränk Pinot Grigio
- Weinmanufaktur
Untertürkheim im Glück
Italien ist zwar das Land, in dem die Zitronen blühen, aber
die besten Pinots Grigios wachsen nördlich der Alpen. Baden-Württemberg
belegt bei einer internationalen Verkostung Platz zwei.
Von Martin Geier
"Unglaublich, ich kann"s nicht fassen." Selten hat man
den Vorstand der Weinmanufaktur Untertürkheim
(Stuttgart), Bernd Munk, so überrascht gesehen wie auf der Bühlerhöhe
im Schwarzwald, wo zum dritten Mal der Bunte-Wine-Award verliehen wurde.
Diesmal im Test: 450 Pinot Grigio aus ganz Europa, das Modegetränk
der Generation Golf. In Deutschland heißt dieser Wein schlicht
Grauburgunder, weshalb er bei den jungen Wilden und Erfolgreichen nicht
den Status eines In-Getränks hat. "Dass der zweitbeste Grauburgunder
Europas von uns und noch von einer Genossenschaft kommt, das zeigt,
was sich auf diesem Gebiet getan hat", sagt Munk. Dass seine Weinmanufaktur
gut abschneiden würde, war ihm signalisiert worden, mit einer Platzierung
an der Spitze hat er nicht gerechnet. Auch wenn von dem frisch und jugendlich
anmutenden Untertürkheimer Weißen bereits alles verkauft
und die Menge von etwa 1500 Liter nicht gerade groß ist, kommt
der Erfolg nicht von ungefähr. Bereits vor zwei Jahren hatten sie
sich mit einem Spitzenmerlot hervorgetan.
Die knapp zehnköpfige Jury, bei der auch der Weltmeister der Sommeliers,
Mario del Monego, dabei war, traute zunächst ihren Nasen, Zungen
und Gaumen nicht. Doch was sich schon bei den ersten Proben abzeichnete,
wurde zur Gewissheit: Die deutschen Grauburgunder bilden eine breite
Phalanx in Europa. Der Qualitätsabfall zu gleichnamigen Kreszenzen
aus dem Ausland ist enorm. Erst auf Platz 27 folgt der beste Österreicher
(Steiermark), auf Platz 44 der beste Italiener (Südtirol). Enttäuschend
eintönig seien viele Pinot Grigio gewesen, meinte der Stuttgarter
Sommelier Bernd Kreis. Es sei schwierig, Differenzierungen zu treffen.
Viele Weine seien zu alkoholreich, dabei mit wenig Struktur und Körper.
Der beste Grauburgunder dieses Tests kommt aus dem Rheingau, unter den
zehn besten sind drei aus Franken und einer von Schloss Proschwitz in
Sachsen.
Ein weiteren zweiten Platz belegte das Weingut Dr. Heger in Ihringen.
Am Kaiserstuhl ist der Grauburgunder vor bald zehn Jahren wiedererstanden,
nachdem er unter seinem seitherigen Namen Ruländer zum Ladenhüter
und damit zu einem Problem für die badische Weinwirtschaft geworden
war. 1711 von dem Kaufmann Johann Seger Ruland aus Speyer entdeckt,
lieferte der Ruländer wuchtige, feurige Weine. Die Zeit ging über
diesen Weintyp hinweg, kreiert wurde ein frischer, lebendiger Grauburgunder.
Die badischen Winzer leisteten auf diesem Gebiet Pionierarbeit. Betrachtet
man allerdings den jüngsten Bunte-Test, scheinen sie sich auf ihren
Lorbeeren auszuruhen. Jedenfalls müsse man fragen, hieß es
bei der Jury, wie es um die viel gepriesene Burgunderkompetenz der dortigen
Winzer bestellt sei.
Für Wolfgang Ritter, den Erfinder dieses Wettbewerbs, ist jedoch
alles eine Frage des Marketings. Würden die Deutschen ihren Grauburgunder
besser vermarkten, wären sie so erfolgreich wie die Italiener mit
ihrem Pinot Grigio. Diesen Einwand lässt jedoch der Geschäftsführer
des Badischen Weinbauverbands, Werner Schön, nicht gelten. Gerade
im Genussbereich setzten viele Deutsche auf ausländische Produkte
und verbänden dies meist mit einem anderen Lebensgefühl. Die
Qualität spiele dabei eine untergeordnete Rolle. Eine ehemalige
Weinkönigin allerdings meinte, es sei wohl allein der niedrige
Preis, der für den Pinot Grigio spreche.
Aktualisiert: 08.07.2003, 05:05 Uhr