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Die UT aus Untertürkheim
aus AUTOMOBIL und Motorrad 1985
(BLV-Verlag) von Januar 1985 - Seiten 50 +51

In den zwanziger Jahren ging so mancher Enthusiast daran, sich ein Motorrad nach eigenen Vorstellungen zu bauen. Viele, nicht aber alle Konstruktionen verschwanden gleich wieder in der Versenkung...

Untertürkheim ist nicht nur die Heimat großkalibriger Automobile. Hier stellte auch ein Werkmeister namens Hermann Scheihing ein Fahrzeug auf die Räder, dem eine beachtliche Karriere beschieden sein sollte. Es war zwar "nur" ein Motorrad, das 1922 nach den Ideen des schwäbischen Tüftlers entstand- aber ein so gutes, daß es so manches andere zeitgenössische Fabrikat lange überlebte.

Trotz widriger Umstände - immerhin herrschte in Deutschland damals die Inflation - konnte Meister Scheihing eine kleine Serienproduktion in Gang setzen. Er baute zunächst eine 200-cm³-Maschine, einen Zweitakter mit liegendem Motor, der Bekamo nicht ganz unähnlich. Etwas später kam eine 250-cm³-Version hinzu, 4,5 bis 5,5 PS stark. Mit diesen Modellen bestritten er und einige seiner Freunde so manchen Wettbewerb.

UT


Rechts: Eine 1929er
500-cm³- Maschine,
bei der Firma Bergmüller
in Stuttgart-Vaihingen
gebaut (JAP-Motor).









Unten: Dasselbe Motorrad von der linken
Seite. Die Fotos entstanden kürzlich auf
einer Veteranenrallye.


UT

UTHermann Scheihing wählte eine simple Markenbezeichnung für seine Motorräder: UT. Die Buchstaben entstammten dem Wort "Untertürkheim". Schon bald sprach es sich herum, daß die UT ein gutes und zuverlässiges Motorrad war, die Nachfrage stieg an - und zwar in einem Maße, daß es Scheihing unmöglich wurde, die vielen Aufträge zu erfüllen. Sein Hand- werksbetrieb war einfach zu klein. Und so übernahm die Firma Bergmüller & Co. in Vaihingen/Filder die Produktion der UT; Scheihing arbeitete dort noch eine Zeitlang als technischer Berater.

Inzwischen war eine neue Konzeption gereift: Man beschloß, "englische" Motorräder mit 200 bis 600 cm³ Hubraum zu bauen. Als Motoren kamen in erster Linie JAP-Aggregate, aber auch solche von Blackburne zum Einbau. Und für Sporterfol ge sorgten auch gleich die richtigen Fahrer: Für Bergmüller fuhren die damals recht prominenten Piloten Gehrung, Kiemel, Frentzen und Nonnemann. Die Männer des UT-Teams waren auf der Solitude als die "Roten Teufel" bekannt. Bis zu Beginn der großen Wirtschaftskrise wurden etwa 12 000 UT-Motorräder gebaut. Eine be- achtliche Zahl in Anbetracht der vielen Fabrikate, die es damals in Deutschland gab. Doch auch an Bergmüller gingen die Wirtschaftskrise und die ihr folgende Arbeitslosigkeit nicht spurlos vorüber.

UT




Diese UT ist eine 200er
(JAP-Motor) von 1924,
die kleinste noch
existierende dieses heute
so seltenen Fabrikats.






Oben: Frontansicht der oben gezeigten Maschine.

UTUT

Rechts: Motor von Blackburne in einer UT 350 von 1930.
Die Leistung des Einzylinders beträgt 14,6 PS.

1931 mußte er seinen Betrieb schließen. Die UT lebte indessen weiter: Jetzt war es die Firma Schwenk & Schnürle in Stuttgart-Möhringen, die ins Geschäft einstieg. Die Inhaber des jungen Unternehmens waren zuvor bei Bergmüller beschäftigt gewe- sen. Zunächst stellten sie die Ersatzteilversorgung sicher, ehe sie eine neue Pro- duktion in Gang bringen konnten, wobei sie so viele vorhandene Teile auf brauchten, wie sie aus der Bergmüller-Konkursmasse erhalten konnten.

1934 erwarb die UT Schwenk & Schnürle Motorradfabrik KG ein ehemaliges Webereigebäude. Der Motorradmarkt erlebte damals eine neue Belebung, das Sanierungsprogamm der Reichsregierung sorgte für einen regelrechten Ansturm. Maschinen bis 200 cm³ Hubraum waren jetzt immerhin steuer- und führerscheinfrei! Das UT-Programm wurde erweitert, nur mußte man sich nach neuen Motoren- lieferanten umsehen. Es gab inzwischen nämlich ein Einfuhrverbot für ausländische Aggregate. Statt der JAP-Motoren verwendete man nun Maschinen von Bark oder Küchen.
Die 1935er Palette sah bei UT so aus: Die 100-cm³-Maschine kostete 320 Mark, danach folgten vier 200-cm³ - Maschinen von 530 bis 820 Mark. Die Z 101, die Z 102 B1 und die SB 104 ohv hatten Bark-Motoren, die V 103 stattete man noch mit einem Blackburne (aus Restbeständen) aus. Weiter gab es eine 350er SV 110, auch mit ohv-Bark-Blockmotor, für 1040 Mark. Gegen 80 Mark Aufpreis konnte man die Maschine mit frisiertem Motor als SSV 110 bekommen. Die beiden großen Maschinen hatten seitengesteuerte Blockmotoren von Küchen: Die K 105 (500 cm³) kostete 1030, die K 106 (600 cm³) 1070 Mark.


Oben: Modell SBF 250, ein
Viertaktmodell von 1939.

Rechts: ZJ 252 mit 247-cm3- Zweitaktmotor
von Ilo, Baujahr 1939; darunter die größere
SBF 350, 1939 das schwerste Modell in der
UT-Palette mit Viergang-Fußschaltung.

UT-Anstecknadel

Die UT konnte an ihre Tradition anknüpfen und war in erster Linie ein Sportmotorrad. Aber die Typenvielfalt erfuhr allmählich Einschränkungen. 1939 waren nur noch drei Modelle im Programm: die ZJ 252 mit 247-cm³-Zweitaktmotor von 8,5 PS Leistung (ILO) sowie zwei Viertakter vom Typ SBF 250 (243 cm³ ohv) und SBF 350 (343 cm³, Bark). Beide Viertaktmaschinen, schwarz oder rot lackiert, hatten Viergang-Fußschal-tung und waren auch in einer Geländesportausführung erhältlich. Die 350er wurde in größeren Stückzahlen ans Heer geliefert.

UTDie später staatlich verordnete Typeneinteilung zwang UT, den Bau der großen Modelle aufzugeben und dafür eine 125er ins Programm zu nehmen, ein Typ, der während des Krieges von fünf anderen Herstellern baugleich produziert wurde. Ab 1942 wurde bei UT nur mehr ausschließlich Heeresgerät gefertigt. Nach Kriegsende dauerte es eine geraume Weile, bis alles wieder in Schwung kam. Erst durch die Währungsreform 1948 hatte auch UT wieder eine Chance, dabei zu sein. Die Produktion begann mit der KTN 125, ab 1949 angeboten, die 990 Mark kostete. Bald konnte man das Angebot um eine 175er, eine 200er und eine 350er erweitern. Alle Maschinen der Nachkriegsproduktion wiesen ILO-Motoren auf. Und es war auch eine UT, die 1950 erstmals in Deutschland mit einer Hinterradschwinge an Federbeinen auf den Markt kam.

UTFahrgestelle fertigte man bei UT im eigenen Hause an. Die Eigenschaften wurden stets gelobt: Das Markenzeichen mit dem springenden Hirsch im Wappen hatte sich im In- und Ausland einen treuen Freundeskreis geschaffen. Um 1955 arbeiteten rund 50 Mann bei UT, die Jahresfertigung betrug an die 3500 Maschinen. Die KTN 125 und die KTN 175 gab es noch immer, beide Motorräder hatten ILO- Motoren und Dreiganggetriebe. Die Modelle KTV 175 und KTV 20 wiesen Vierganggetriebe auf. Alle hatten die berühmte UT-Teleskopgabel mit 120 mm Federweg und die Jurisch- Hinterradfederung mit Steckachse. Die TS- Baureihe war mit der Hinterradschwinge versehen. Hier gab es eine TS 200, eine TS 250 und eine TS 252 - Spitzenmodell mit Parallel-Zweizylindermotor, der bei 6000 Touren 15 PS brachte.

Damals war geplant, auch wieder ein Viertaktmotorrad zu bauen. Der von Richard Küchen konstruierte Motor sollte in der Reißverschlußfabrik Opti gebaut werden. Der ohc-Zweizylinder erwies sich aber als nicht durchentwickelt - außer einigen Proto- typen wurden von dieser 250er keine Maschinen in Serie gebaut. Mit UT- Maschinen wurde fleißig Geländesport betrieben. In der Zeit von 1953 bis 1956 wurden über 260 Goldmedaillen eingefahren. Doch der Niedergang der Zweiradindustrie begann sich schon abzuzeichnen. Das UT-Programm umfaßte eine TS 175, eine VS 175, eine VS 200 und eine VS 250 (VS stand für Vorderradschwinge), ferner gab es ein 100-cm³-Kleinkraftrad und sechs Mopedtypen, alle mit Sachs-Motoren, von denen man sich Überlebenschancen erhoffte. Aber das Ende der Marke UT war in Sicht. Die letzten Motorräder wurden 1962 an eine Missionsstation in Tanganjika ausgeliefert. Einige Jahre gab es noch Ersatzteile zu kaufen - seither gibt es keine UT- Konzessionäre mehr. Die einst in Untertürkheim geborene Marke gehört auf die Liste der unendlich vielen Motorradfabrikate, deren Namen nur noch historischen Klang haben.

Alfred Hollenbach

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