Stuttgart Marketing will aus der Schwäbischen die Württemberger
Weinstraße machen -
Probierstube im Ratskeller?
Der jüngst eingeweihte Weinwanderweg
ist nicht der letzte Streich in Sachen lokaler Weintourismus. Bald soll
eine Württemberger Weinstraße durch Stuttgart führen
und helfen, den Rebensaft wie auch die Stadt noch bekannter zu machen.
Von Hildegund Oßwald
"Es gibt keinen schwäbischen Wein", begründet der
Touristikdirektor Klaus Lindemann seine jüngste touristische Offensive.
Gemeinsam mit dem Württembergischen Weinbauverband treibt er die
Umbenennung der Schwäbischen Weinstraße in Württemberger
Weinstraße voran - als seiner Meinung nach längst überfällige
Korrektur. Denn schließlich heißt das Land Baden-Württemberg,
und es gibt badischen Wein, und es gibt auch den kernigen Werbespruch
"Kenner trinken Württemberger". Lindemann: "Wenn
Sie in Berlin schwäbischen Wein bestellen, versteht Sie doch kein
Mensch." Die Initiative ist bereits auf gutem Wege. Der Umbenennungsantrag
liegt beim Regierungspräsidium, das Land ist bereit, die Aktion
mit einem Zuschuss von 40 000 Euro zu unterstützen, und die Städte
und Gemeinden entlang der Weinroute seien auch angetan, so Lindemann.
Schließlich soll die Tour touristisch vermarktet und im Zuge der
Umbenennung auch um rund 60 auf dann etwa 400 Kilometer verlängert
werden.
So soll die Württemberger Weinstraße bereits bei Schloss
Weikersheim beginnen und nicht erst, wie bisher die Schwäbische
Weinstraße, in Bad Mergentheim. Im Süden wird das Ende der
Route von Metzingen zur Wurmlinger Kapelle verlagert. Im Osten reicht
die Tour künftig bis Lorch (bisher Weinstadt), und der westlichste
Punkt liegt dann in Maulbronn und nicht mehr in Hohenhaslach. Und für
Lindemann natürlich besonders wichtig: statt Stuttgart nur von
Fellbach herführend über Luginsland, Unter- und Obertürkheim
zu streifen, führt die neue Route bald mitten durch die nach Gemarkung
größte Weinanbaugemeinde Deutschlands: über Neugereut,
Hofen, Hofener Straße (am Fuß der Lage Cannstatter Zuckerle),
Teinacher/Sulzerrainstraße, Schmidener/Überlinger Straße,
Wilhelmsbrücke, Brückenstraße, Altenburger Steige, Hallschlag,
Auerbachstraße (Cannstatter Berg), Pragsattel, Killesberg, Birkenwald-,
Türlenstraße, am Hauptbahnhof vorbei Richtung Mercedesstraße,
Untertürkheim, Rotenberg, Uhlbach und Obertürkheim, so die
Pläne. Von dort geht es dann weiter über Esslingen und Nürtingen
bis nach Wurmlingen.
Zurzeit laufe die behördliche Anhörung der Kommunen, so Lindemann.
Er selbst hat bereits einen stattlichen Ordner voller Zusprüche
von betroffenen Kommunen. Das ist ihm wichtig, denn alle Orte sollen
aktiv mitwirken und einen eigenen Beitrag leisten, um das Thema Wein
bei Einheimischen wie Besuchern mit Veranstaltungen, Konzerten, Gastronomieangeboten
und Sehenswürdigkeiten noch populärer zu machen. Im Frühjahr
2004 soll die Route eingeweiht werden.
Bis dahin will auch Stuttgart in Sachen touristische Weinangebote zulegen
und das seit langem geplante Haus des Weines wenigstens ansatzweise
verwirklichen. Da die angestrebte große Lösung im historischen
Fruchtkasten am Schillerplatz bis jetzt am Nein des Landesmuseums scheitert,
gibt es Überlegungen, den Rathausumbau zu nutzen und im Ratskeller
eine Weintheke zur Probe und Vermarktung von Stuttgarter Gewächsen
einzurichten. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir ein eigenständiges
Haus des Weines brauchen, aber wir können nicht auf eine Ideallösung
warten", so Lindemann.
Der Ratskellerwirt Thomas Brunner rannte deshalb offene Türen
ein mit seiner Idee von einer in den Ratskeller integrierten Weintheke
mit Probiermöglichkeit, wo Stuttgarter Anbieter ihre Weine vorstellen
und verkaufen. Bis jetzt werden nur Tropfen des städtischen Weinguts
angeboten, künftig könnten es bis zu 120 Weine von 20 lokalen
Produzenten sein, so Brunner. Für Vorträge stünden die
neuen Räume zur Verfügung. "Zurzeit laufen noch Gespräche
mit Anbietern und Genossenschaften", so Brunner. Geplanter Eröffnungstermin
für das umgebaute Rathaus ist Mai oder Juni 2004. Dann ließe
sich die Jungfernfahrt auf der Württemberger Weinstraße
mit einem routengemäßen Abstecher ins Herz von Stuttgart
verbinden.
aus Stuttgarter Zeitung: 23.07.2003